Die deutschen Strom-Verteilnetze müssen ausgebaut werden, damit sie die wachsenden Mengen von dezentral produziertem Solar- und Windstrom transportieren können. Die hohen Ausbaukosten lassen sich möglicherweise durch steuernde Mechanismen deutlich senken.


Die Beratungsgesellschaft E-Bridge Consulting rechnet damit, dass die deutschen Strom-Verteilnetze bis zum Jahr 2032 um 130.000 Kilometer ausgebaut werden müssen. Dazu seien Investitionen von etwa 23 Milliarden Euro notwendig, sagte E-Bridge-Geschäftsführer Jens Büchner gestern Abend beim Energiekonvent des Regionalversorgers Enviam in Leipzig. Derzeit gebe es in den drei Verteilnetz-Spannungsebenen – Niederspannung, Mittelspannung und Hochspannung – insgesamt 1,6 Millionen Kilometer Netze. Der Ausbaubedarf entsteht vor allem dadurch, dass zunehmend Anlagen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind gebaut werden. Sie entstehen oft in Regionen, in denen das bisher bestehende Stromnetz nicht stark genug ist, um den nun erzeugten Solar- und Windstrom transportieren zu können.

Büchner zufolge ließe sich ein großer Teil der veranschlagten Netzausbau-Kosten einsparen, wenn Ökostrom-Anlagen künftig in einigen Stunden des Jahres nicht mit voller Leistung betrieben werden könnten. Wie der E-Bridge-Geschäftsführer weiter sagte, müssen heute schon Ökostrom-Erzeugungsspitzen gekappt werden, damit die Stromnetze noch sicher betreibbar sind. Als Grund dafür nannte er, dass die Netzbetreiber derzeit ihre Leitungen nicht so schnell ausbauen können, wie neue Solar- und Windparks ans Netz gehen. Büchner plädierte dafür, die Spitzenkappung auch dann noch gezielt einzusetzen, wenn dieser Rückstand beim Netzausbau aufgeholt worden ist.

Die Kosten des Netzausbaus wirken sich auf die Netzentgelte aus, die im Norden und Osten Deutschlands bereits höher sind als in anderen Regionen, und nun weiter steigen werden. Die Einführung einheitlicher Netzentgelte hält Büchner allerdings nicht für aussichtsreich, nach seiner Ansicht gibt es „intelligentere Lösungen“. So würden die Betreiber von Solar- und Windparks ihre Anlagenstandorte bisher nicht danach auswählen, welche Situation im Stromnetz besteht. „Sie gehen auch ins volle Netz und erzeugen Extrakosten, die dann wiederum die Netznutzer tragen müssen“, beschrieb Büchner die gängige Praxis. „Die Koordination von Einspeisung und Netz ist nicht gegeben.“

Als mögliche Lösung schlug er vor, die Einspeiser von erneuerbaren Energien an den Kosten des Netzausbaus zu beteiligen. So könne in Fällen, in denen der Anschluss einer Ökostrom-Anlage zu hohen Netzkosten führt, ein Baukosten-Zuschuss eingeführt werden. Solche Baukosten-Zuschüsse zahlen bisher Industriekunden, wenn sie mit zusätzlichem Aufwand an das Stromnetz angeschlossen werden. Wenn sie differenziert auch für den Anschluss von Solar- und Windparks erhoben würden, könnten sie nach Büchners Ansicht eine steuernde Wirkung entfalten. Damit wäre es möglich, volkswirtschaftliche Kosten zu senken und den regional unterschiedlichen Ausbau erneuerbarer Energien etwas zu vergleichmäßigen.


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