Der Stromnetz-Betreiber 50Hertz sieht in 19 Jahren einen großen Bedarf für Gaskraftwerke, die Schwankungen in der Stromproduktion ausgleichen können. Der Ferngasleitungs-Netzbetreiber Ontras könnte dann schon ein Kraftwerksgas liefern, das etwas oder deutlich grüner ist als heute.

SWL GuD 2014 gross

Gaskraftwerke wie hier in Leipzig arbeiten derzeit unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen. Archivfoto 2014: Stefan Schroeter


Der ostdeutsche Übertragungsnetz-Betreiber 50Hertz rechnet damit, dass Gaskraftwerke künftig wieder eine größere Rolle bei der Stromerzeugung spielen werden. Im Jahr 2035 würden voraussichtlich bundesweit Gas- und Dampfturbinen-Anlagen mit insgesamt 20.000 Megawatt Stromleistung installiert sein, sagte Geschäftsführer Boris Schucht heute beim Netzforum des Ferngasleitungs-Netzbetreibers Ontras in Leipzig. Solche GuD-Anlagen können sich gut an schwankende Anforderungen bei der Stromproduktion anpassen, Fernwärme erzeugen und Netzdienstleistungen erbringen.

Auf eine noch größere installierte Leistung von 30.000 MW sollen Schucht zufolge sogenannte offene Gasturbinen kommen. Das seien einfache Aggregate, die nur in wenigen Stunden des Jahres die Spitzenlast abdecken sollen. Zum Vergleich: Zuletzt brachten es Gaskraftwerke und einfache Gasturbinen bundesweit nur noch auf eine Gesamtleistung von 21.500 MW.

Die Aussagen zu den Gaskraftwerken hatte 50Hertz gemeinsam mit Partnern in der Studie „Energiewende Outlook 2035“ (Deutsch: Energiewende-Ausblick 2035) ermittelt. Ein weiteres Ergebnis dieser Studie ist, dass die Gesamtleistung konventioneller Kraftwerke von zuletzt 100 Gigawatt im Jahr 2015 bis zum Jahr 2035 auf 70.000 bis 80.000 MW zurückgehen könnte. Dabei würden Kernkraftwerke durch den Atomausstieg ganz aus dem Erzeugungspark fallen und  Kohlekraftwerke stark an Bedeutung verlieren. 60 Prozent des Stroms sollen dann der Studie zufolge aus erneuerbaren Energien erzeugt werden, deren Schwankungen von Gaskraftwerken ausgeglichen werden müssen.

Schucht geht davon aus, dass die neuen Gaskraftwerke an jedem beliebigen Standort in Deutschland gebaut werden können, weil der Ausbau der Übertragungsnetze dann abgeschlossen sein wird. Er berichtete, dass sich vor allem die Stromkonzerne RWE und Uniper in Nordrhein-Westfalen auf dieses künftige Kraftwerksgeschäft vorbereiten. Wenn auch der Osten Deutschlands daran teilhaben wolle, müssten Politik, Kraftwerksbetreiber und Gasversorger eine Strategie dafür entwickeln.

 

Grüne Gase

Ein wichtiger Ansprechpartner dabei ist sicher Ontras, der in Ostdeutschland ein flächendeckendes Ferngasleitungs-Netz betreibt. Er versucht derzeit – wie die gesamte Branche – eine zukunftsträchtige Strategie für die sogenannte Dekarbonisierung zu entwickeln. Für Ontras bedeutet dies, das fossile Erdgas in seinen Rohrleitungen allmählich durch grüne Gase zu ersetzen, die mit erneuerbaren Energiequellen erzeugt wurden. Wie Betriebsgeschäftsführer Uwel Ringel berichtete, sind inzwischen 22 Biomethan-Anlagen ans Ontras-Netz angeschlossen. Hinzu kommen zwei sogenannte Power-To-Gas-Anlagen, die mit  Ökostrom den speicherfähigen gasförmigen Energieträger Wasserstoff erzeugen und ins Ontras-Netz einspeisen. Eine dritte solche Anlage sei derzeit geplant, außerdem gebe es Gespräche mit weiteren Interessenten.

Zu den Betreibern einer solchen PTG-Anlage gehört der Windparkbetreiber Enertrag. Vorstandschef Jörg Müller ermunterte Ringel und dessen Geschäftsführer-Kollegen Ralph Bahke, das Leitungsnetz zügig auf Wasserstoff umzustellen. Das sei der einzige wirtschaftliche Langzeitspeicher, der es ermögliche, bedarfsgerecht Strom zu erzeugen. Diese Botschaft stieß bei den versammelten Experten der Erdgasbranche auf eine Mischung aus prinzipieller Aufgeschlossenheit und vorsichtiger Skepsis. Viele bevorzugen einen allmählichen Übergang zu grünen Gasen, damit technische Veränderungen und Kosten gut beherrschbar bleiben.


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