Der neue Mehrheitsaktionär EWE und die kommunalen Aktionäre des Erdgashändlers haben sich bisher nicht auf eine zukunftsfähige Strategie für das Unternehmen einigen können. EWE ist auf die Einigung angewiesen, weil eine alte Klausel die alleinige Kontrolle von VNG erschwert.


Die Aktionäre des Leipziger Erdgashändlers VNG Verbundnetz Gas verhandeln weiter über die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Das teilten der neue Mehrheitsaktionär EWE und die VUB Verbundnetz Gas Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft auf Anfrage mit. Der Oldenburger Energiekonzern EWE hatte sich im Frühjahr mit dem langjährigen VNG-Aktionär Wintershall darauf geeinigt, dessen VNG-Anteil von 15,79 % für 320 Millionen Euro zu übernehmen. Damit konnte EWE seine Beteiligung auf eine Aktienmehrheit von 63,69 Prozent aufstocken. Im Oktober wurde die Transaktion vom Bundeskartellamt ohne Auflagen genehmigt und daraufhin von den Unternehmen abgeschlossen. Weitere VNG-Aktionäre sind VUB, die für zehn ostdeutsche Kommunen eine knappe Sperrminorität von 25,79 Prozent verwaltet, und der russische Energiekonzern Gasprom mit 10,52 %.

Im Juni hatten EWE und VUB eine erste Aktionärsvereinbarung geschlossen, die Regeln für eine künftige Zusammenarbeit enthält. Danach soll Leipzig als VNG-Sitz bestehen bleiben. Auch die derzeit in Leipzig bei VNG vorhandenen Arbeitsplätze wollen beide Partner erhalten. Dazu sollten eigentlich bis Oktober weitere Einzelregelungen vereinbart werden. Außerdem hatten sich EWE und VUB vorgenommen, sich bis dahin auf eine zukunftsfähige Ausrichtung der VNG-Strategie und auf eine Dividendenpolitik zu einigen.


Interne Meinungsbildung

Doch das ist bisher nicht gelungen. „Bezüglich der strategischen Ausrichtung des Unternehmens findet nach der überraschenden Übernahme der Mehrheit durch EWE die interne Meinungsbildung noch statt“, berichtet Hans-Joachim Herrmann, Vorsitzender der VUB-Gesellschafterversammlung. „Auch ob EWE die VNG als dauerhaftes Engagement betrachtet, ist nach unserer Wahrnehmung noch nicht endgültig entschieden.“

Der Oldenburger Energiekonzern hatte in den vergangenen Monaten angedeutet, dass er seinen VNG-Mehrheitsanteil auch an einen anderen Investor verkaufen könnte, wenn keine Einigung mit den anderen Aktionären gelingen sollte. Das Verhältnis von EWE zu den anderen VNG-Aktionären war seit 2007 schwierig geworden, als die Oldenburger mit ihren Versuchen begannen, kommunale VNG-Aktien aufzukaufen und so eine Mehrheit bei dem traditionell eigenständigen Unternehmen zu erreichen. Nebenbei hätten sie damit die Sperrminorität der verbleibenden kommunalen VNG-Aktionäre aufgelöst – und damit auch deren Fähigkeit, unerwünschte grundlegende Veränderungen des Unternehmens zu blockieren.

Dennoch scheint es derzeit möglich zu sein, dass EWE und VUB eine Gesamtlösung für ihre zukünftige Zusammenarbeit finden. „An unserem Interesse, VNG in einem Dialog mit allen Beteiligten weiterzuentwickeln, hat sich nichts geändert“, bekundet EWE-Sprecher Christian Blömer. „Voraussetzung ist nach wie vor ein gemeinsames Verständnis zur strategischen Ausrichtung der VNG zwischen den Aktionären und der VNG. Hierzu sind wir weiterhin in Gesprächen mit den Beteiligten.“


Aktionärsvereinbarung von 1991

Der Grund dafür, dass EWE auf eine Einigung mit den kommunalen Aktionären angewiesen ist, liegt in einer VNG-Aktionärsvereinbarung von 1991. Danach wird die alleinige Kontrolle des Unternehmens durch einen Gesellschafter erschwert oder verhindert. Diese Aktionärsvereinbarung von 1991 gilt noch bis zum Ablauf des Jahres 2020. Sollte VUB weiterhin eine Sperrminorität halten können, dann gelten einige Regelungen aus der Aktionärsvereinbarung auch noch bis 2022.

Ob die Kommunen ihre Sperrminorität halten können, ist allerdings nicht sicher. So will Erfurt seinen VNG-Anteil von 4,21 % zu einem möglichst hohen Preis verkaufen. Die anderen kommunalen VNG-Aktionäre haben dafür zwar ein Vorkaufsrecht. Aber ob sie sich mit Erfurt über einen angemessenen Preis einigen können, bleibt noch offen. Auch Nordhausen will seinen VNG-Anteil von 0,55 % verkaufen. Hier scheint es moderate Preisvorstellungen zu geben, so dass die anderen Kommunen diesen Anteil wohl übernehmen können. Weitere Verkaufsabsichten sind aus Dresden bekannt, das über 6,47 % der VNG-Anteile verfügt.


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