In der sächsischen Windkraft-Branche hat sich im vergangenen Jahr ein Investitionsstau gelöst. Dass es für das laufende Jahr bisher nur wenige Genehmigungen gibt, führen Windkraft-Befürworter auf Landratsämter und die politischen Vorgaben der Staatsregierung zurück.


Im vergangenen Jahr 2015 sind in Sachsen 30 Windenergie-Anlagen mit einer Spitzenleistung von 69 Megawatt neu errichtet worden. Das geht aus einer Statistik des Döbelner Windenergie-Experten Hans-Jürgen Schlegel hervor. Damit gab es Schlegel zufolge zum Jahresende 2015 in Sachsen insgesamt 875 WEA mit einer gesamten Spitzenleistung von 1.148 MW. Im bundesweiten Vergleich liegt Sachsen damit nach seinen Angaben auf einem hinteren elften Platz.

Zur Strommenge, die 2015 aus Windkraft erzeugt wurde, gibt es noch keine statistischen Daten. In einer Hochrechnung kommt der Döbelner Experte zu einem Ergebnis von 1.800 Gigawattstunden. Das würde einer Steigerung von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entsprechen.

Mit dem Zubau des Jahres 2015 hat sich nach Schlegels Einschätzung ein Investitionsstau gelöst, zu dem es in den Jahren der Landesregierung aus CDU und FDP von 2012 bis 2014 gekommen war. In diesem Zeitraum seien in Sachsen insgesamt nur 43 WEA mit 102 MW errichtet worden. 2015 hätten die Windkraft-Investoren dann ihre längst reifen Projekte umsetzen können.

 

Zaghaftes Repowering

Der Windenergie-Experte weist außerdem darauf hin, dass das sogenannte Repowering in Sachsen begonnen habe, wenn auch mit „großer Zaghaftigkeit“. Seit 2010 seien 40 ältere und kleinere Windräder zurückgebaut und durch moderne und größere Anlagen ersetzt worden. Seiner Ansicht nach müssten aber noch 500 WEA der Leistungsklassen von 500 Kilowatt bis 1.500 kW im Repowering durch zeitgemäße Anlagen mit 3 MW ersetzt werden, die auf der gleichen Fläche einen wesentlich größeren Stromertrag bringen.

Für das Jahr 2016 liegen Schlegel zufolge bisher nur 16 Baugenehmigungen für neue WEA vor. Zwar hätten Investoren bereits weitere Genehmigungsanträge bei den zuständigen Landratsämtern eingereicht. Die Landratsämter nutzen nach Ansicht des Windenergie-Experten aber alle Möglichkeiten, um einen weiteren Ausbau zu verhindern. So hätten die Regionalen Planungsverbände, die den Landräten unterstehen, eine 10-NH-Regelung konstruiert. Danach müssten Windräder einen Abstand zur nächsten Wohnbebauung einhalten, der dem Zehnfachen ihrer Nabenhöhe entspricht – also 1.350 bis 1.600 Meter. „Auf diese Weise lässt sich dem Windenergieausbau schnell ein Riegel vorschieben“, schlussfolgert Schlegel.

 

Bescheidenes Ausbauziel

Die sächsische Landtagsfraktion von Bündnis 90 / Grünen machte am vergangenen Mittwoch in Dresden darauf aufmerksam, dass die Landes- und Regionalplanung vom EKP Energie- und Klimaprogramm der früheren CDU-FDP-Regierung aus dem Jahr 2012 bestimmt wird. Darin werde das Ziel vorgegeben, bis 2023 einen Anteil von 28 Prozent erneuerbarer Energien am Stromverbrauch zu erreichen. „Der wurde schon 2015 erreicht“, heißt es in einer Mitteilung der Fraktion. Der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Gerd Lippold, forderte eine „unmissverständliche Positionierung der Staatsregierung“ und eine Überarbeitung des EKP von 2012. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) müsse sich bei seinem Koalitionspartner CDU endlich durchsetzen.

Dulig kündigte noch am selben Tag an, die Ausbauziele für die erneuerbaren Energien im EKP zu überarbeiten. Das sei im Koalitionsvertrag so vereinbart worden, hieß es in einer Mitteilung seines Wirtschaftsministeriums. Sachsen orientiere sich dabei an den Ausbauzielen des Bundes, die derzeit bis 2025 bei 40-45% und bis 2035 bei 55-60% liegen würden. Eine Windpotenzial-Studie soll einen Überblick über besonders geeignete Windkraft-Standorte geben und den Planungsverbänden dabei helfen, sie als solche auszuweisen.


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