In den vergangenen Monaten sind die Energiepreise für viele Endkunden geradezu explodiert. Die Verbraucherzentrale Sachsen versucht, ihnen mit einem neu kombinierten Beratungsangebot zu helfen. Gleichzeitig unterbreitet sie Lösungsvorschläge für Politik und Energiewirtschaft.

SWL Hauptsitz nah gross

Die Leipziger Stadtwerke haben sehr hohe Ersatzversorgungs-Preise eingeführt und senken sie demnächst etwas ab. Archivfoto 2020: Stefan Schroeter


Die Verbraucherzentrale Sachsen fordert Politik und Energieversorger dazu auf, Strom- und Heizungssperren für zahlungsunfähige Kunden in den Wintermonaten zu vermeiden. In den vergangenen Monaten seien die Energiepreise für viele Endkunden geradezu explodiert, sagte VZS-Vorstand Andreas Eichhorst heute bei einem Online-Pressegespräch. Als besonders dramatisch bezeichnete er die Situation der Kunden, deren Lieferanten ihre Lieferverträge gekündigt haben oder in die Insolvenz gegangen sind. Diese Kunden finden sich nun in der Ersatzversorgung des jeweiligen örtlichen Grundversorgers wieder, wo inzwischen oft besonders teure Neukunden-Tarife eingeführt worden sind.

 

Als Beispiele dafür nannte Referatsleiterin Stefanie Siegert die Neukunden-Stromtarife der Zwickauer Energieversorgung und der Stadtwerke Leipzig, bei denen Arbeitspreise von mehr als 70 Cent pro Kilowattstunde aufgerufen werden. Für Bestandskundinnen in der Grundversorgung liegen die Arbeitspreise dagegen noch knapp unter 30 Cent.

 

Große Preisunterschiede für Neu- und Bestandskunden gibt es auch bei der Gasversorgung. Die Ersatzversorgung kostet hier in Zwickau 26 und in Leipzig 25 Cent, während grundversorgte Bestandskunden mit 9 und 8 Cent zur Kasse gebeten werden. Diese Preisunterschiede können je nach Verbrauch zu Mehrkosten von mehreren hundert oder sogar tausend Euro pro Jahr führen.

 

Schnell wechseln

Verbraucherschützerin Siegert rät den ersatzversorgten Hochpreiskundinnen, sich so schnell wie möglich um einen Wechsel zu bemühen. In der Ersatzversorgung gelte keine Kündigungsfrist. Inzwischen gebe es auch wieder Alternativanbieter. Zwar bieten sie derzeit auch Tarife mit ziemlich hohen Arbeitspreisen – etwa 40 Cent für Strom und 16 Cent für Gas. Das sei aber immer noch besser, als in der wesentlich teureren Ersatzversorgung zu bleiben.

 

Siegert empfiehlt gleichzeitig, beim Wechsel zu einem Alternativanbieter eine möglichst kurze Kündigungsfrist von einem Monat oder bis zu drei Monaten zu vereinbaren. Dann können die Kunden weiter in einen weniger teuren Tarif wechseln, sobald sich die Möglichkeit dazu ergibt. Dazu bietet die Verbraucherzentrale Sachsen bereits eine Wechselberatung an.

 

Diese Wechselberatung kombiniert sie nun ab der nächsten Woche auch mit einer Rechtsberatung und einer Energiespar-Beratung. Mit der Rechtsberatung können Kundinnen prüfen lassen, ob ihr bisheriger Versorger überhaupt dazu berechtigt war, ihren Liefervertrag zu kündigen, und ob die hohen Preise ihres Ersatzversorgers gerechtfertigt sind.

 

Mit der Energiespar-Beratung lassen sich nach Einschätzung der Verbraucherschützer oft auch noch große Kosteneinsparungen erschließen und der Einfluss hoher Preise etwas abmildern. Beraterin Angelika Baumgardt rät dazu, die Energie-Verbrauchswerte einmal im Monat von den Zählern abzulesen. Dann sollten die aktuellen Verbrauchswerte mit den Vorjahreswerten verglichen werden, um möglichen Mehrverbräuchen auf die Spur zu kommen. Als weitere Vergleichsmöglichkeiten sieht sie die bundesweiten Heiz- und Stromspiegel.

 

Bezahlbare Daseinsvorsorge

Neben dem neu aufgelegten Beratungsangebot sucht die Verbraucherzentrale das Gespräch mit der Politik und mit den Energieversorgern, um Lösungen für die entstandenen Probleme zu finden. Eine mögliche Lösung sieht Vorstand Eichhorst darin, eine Insolvenzsicherung für Energieanbieter einzuführen. Etwas ähnliches gibt es bereits für Anbieter von Pauschalreisen.

 

Außerdem wollen die Verbraucherschützer erreichen, dass die Grund- und Ersatzversorgung weiterhin als Daseinsvorsorge gilt und bezahlbar bleibt. Eine Preisdifferenzierung lehnt Eichhorst hier mit klaren Worten ab: „In der Grundversorgung können wir nicht zwischen Kunden in der ersten, zweiten, dritten oder fünften Klasse unterscheiden. Und das in Abhängigkeit davon stellen, wie ein Unternehmen das gerade machen will.“ Dabei weist er darauf hin, dass es auch immer noch Stadtwerke gibt, die sich mit ihren Preisen weiter in einem relativ normalen Rahmen bewegen.

 

Unterschiede zeigen sich sogar auch beim Blick auf die beiden oben genannten Hochpreis-Ersatzversorger in Leipzig und Zwickau. Der Leipziger Versorger senkt ab März seine Ersatzversorgungs-Preise schon einmal deutlich, wenn auch immer noch auf ein hohes Niveau von 45 Cent für Strom und 15 Cent für Gas. Beim Zwickauer Versorger ist eine solche Bewegung dagegen noch nicht erkennbar.

 

Die Verbraucherzentrale bereitet sich schon einmal darauf vor, dass die Gespräche mit Politik und Versorgern keine ausreichenden Ergebnisse bringen sollten: Dann will sie mit geeigneten Fallbeispielen den Rechtsweg beschreiten und versuchen, Grundsatzurteile zu erstreiten.


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