Industrieunternehmen investieren erstmals seit vier Jahren wieder mehr in die effiziente Anwendung von Energie. Wichtige Gründe dafür sind ein neues Gesetz und die Aussicht auf ein Strompreis-Paket der Bundesregierung.

 

Energieeffizienz und Abwärmenutzung dienen dem Klimaschutz. Foto: Stefan Schroeter

Das Energieeffizienz-Gesetz treibt die Transformation der deutschen Industrie. Zu dieser Aussage kommt das EEP Institut für Energieeffizienz in der Produktion der Universität Stuttgart. Das EEP erforscht aktuelle und geplante Aktivitäten der deutschen Industrie auf diesem Gebiet und erstellt seit zehn Jahren gemeinsam mit mehreren Partnern den EEI Energieeffizienz-Index der deutschen Industrie.

Der Index erfasst drei wesentliche Teilgebiete der Energieeffizienz: Die Bedeutung, die Unternehmen diesem Thema beimessen, die Investitionen, die sie hier umsetzen oder planen, und die Produktivität, die mit einem bestimmten Energieeinsatz möglich ist.

Für die aktuelle Winteruntersuchung wurden 820 Teilnehmer befragt und Daten des Statistischen Bundesamtes ausgewertet. Das Ergebnis war, dass der Index wieder auf einen Wert von 1,54 gestiegen ist. In der Energiekrise war er zuletzt bis auf 1,16 abgerutscht, nachdem er vor zwei Jahren bei 1,83 gelegen hatte.

Für den Wiederanstieg nannte Projektleiter Kerim Torolsan am Dienstag in einer Online-Konferenz zwei wesentliche Ursachen: Zum einen war mit einem Energieeffizienz-Gesetz zu rechnen, das zum Zeitpunkt der Befragung erst als Entwurf bekannt war. Zum anderen gab es die Aussicht auf ein Strompreis-Paket der Bundesregierung, wodurch die Industrie auf günstigere Strompreise hoffen konnte.

 

Anstieg und Stabilität

Das zu erwartende Gesetz hat Torolsan zufolge dazu geführt, dass die Unternehmen der Energieeffizienz wieder eine deutlich größere Bedeutung beigemessen haben. Damit stieg der „Bedeutungsindex“, der gemeinsam mit dem „Investitionsindex“ und dem „Produktivitätsindex“ in den EEI einfließt.

Ein weiteres Ergebnis der aktuellen Winteruntersuchung ist, dass die Unternehmen erstmals seit vier Jahren wieder mehr in die Energieeffizenz investieren oder dies zumindest vorhaben.

Bessere Nachrichten gibt es auch wieder vom Produktivitätsindex, der zuletzt deutlich abgefallen war. Er hat sich nun stabilisiert. Der Projektleiter erwartet nun, dass sich diese Entwicklung weiter fortsetzt.

Diese drei Teilentwicklungen haben dazu geführt, dass der Gesamtindex EEI gestiegen ist. Die Aussichten dafür, dass er diesen Anstieg fortsetzen kann, sind relativ gut.

 

Verpflichtungen für größere Energieverbraucher

Das Energieeffizienz-Gesetz ist im September 2023 vom Bundestag beschlossen worden und im November in Kraft getreten. Es legt Ziele dafür fest, wie bis zum Jahr 2030 der Primär- und Endenergieverbrauch gesenkt werden soll.

Unternehmen, die bestimmte Verbrauchsgrenzen bei Endenergie überschreiten, werden zu speziellen Energiespar-Maßnahmen verpflichtet. Wenn sie pro Jahr mehr als 2,5 Gigawattstunden verbrauchen, sollen sie innerhalb von drei Jahren wirtschaftliche Energieeffizienz-Maßnahmen in Umsetzungsplänen erfassen und veröffentlichen.

Bei einem jährlichen Energieverbrauch von mehr als 7,5 Gigawattstunden werden sie außerdem dazu verpflichtet, Systeme für Energie- oder Umweltmanagement einzuführen. Welche geeigneten Maßnahmen sie umsetzen, entscheiden sie dabei selbst.

Wie das EEP berichtet, treffen diese beiden Kriterien auf die Hälfte der Unternehmen zu, die sich an der aktuellen EEI-Erhebung beteiligt haben. Gleichzeitig geben ebenso viele Unternehmen an, dass sie über ausreichend eigene Kompetenzen verfügen, um ein Energiemanagement-System umzusetzen.

 

Abwärme vermeiden und nutzen

Das Gesetz enthält auch Regelungen dafür, wie Abwärme aus Produktionsprozessen möglichst vermieden werden soll. Wenn das nicht gelingt, soll sie zumindest weiter verwendet werden. Um diese Abwärmenutzung zu erleichtern, sollen Unternehmen auf einer öffentlichen Plattform darüber informieren, welche Abwärmepotenziale bei ihnen verfügbar sind.

Auch darauf sind zumindest viele Teilnehmer der Index-Befragung schon gut vorbereitet. Ein Drittel von ihnen gibt an, dass sie Abwärme bereits vermeiden und nutzen – oder dass sie dabei sind, so etwas umzusetzen. Weitere elf Prozent der Unternehmen haben das Potenzial zur Nutzung von Abwärme zwar ermittelt, aber noch nicht erschlossen.

 

Statistische Einordnung

Der Energieeffizienz-Index wird seit 2013 erhoben und gibt wichtige Einblicke dazu, wie sich das Energieeffizienz-Klima in der deutschen Industrie entwickelt. Dabei ist anzunehmen, dass es in den 820 Unternehmen, die sich an der aktuellen Befragung beteiligt haben, ohnehin schon ein größeres Interesse an diesem Thema gibt.

Die Zahl aller deutschen Industrieunternehmen ist noch um ein Vielfaches größer: Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2021 in Deutschland insgesamt 24.537 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes.

Wie Projektmanagerin Marie-Christin Stich auf Anfrage mitteilte, versuchen die Wissenschaftler, dies bei den Datenerhebungen zu beachten und die Zusammensetzung der deutschen Industrielandschaft widerzuspiegeln.

 

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