Bilanzbericht. Der stadteigene Energieversorger musste im Jahr 2021 einige Schwierigkeiten im Kerngeschäft bewältigen. Die geringeren Gewinnbeiträge konnte er ausgleichen, indem er größere Rückstellungen auflöste. An den umstrittenen höheren Neukunden-Tarifen will er festhalten, sie aber künftig auf die Ersatzversorgung begrenzen.

SWL Hauptsitz 2022 gross

Hauptsitz der Stadtwerke Leipzig. Foto: Stefan Schroeter


Die SWL Stadtwerke Leipzig haben ihren Nettogewinn erneut etwas weiter angehoben. Für das vergangene Geschäftsjahr 2021 weisen sie 71,2 Millionen Euro Gewinn nach Steuern aus. Das sind 2,3 Mio. Euro mehr als im Jahr zuvor. SWL erwirtschaftet regelmäßig hohe Gewinne, die traditionell vollständig an die stadteigene Muttergesellschaft LVV Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft ausgeschüttet werden. LVV gleicht damit überwiegend die Verluste der LVB Leipziger Verkehrsbetriebe aus, die seit zwei Jahren besonders große Schwierigkeiten bewältigen müssen.

 

Den höheren Nettogewinn führt SWL vor allem auf „sonstige betriebliche Erträge“ zurück. Dieser Posten wuchs sprunghaft um 30 Mio. Euro auf 46 Mio. Euro. Zu diesem sprunghaften Anstieg trug bei, dass die Stadtwerke größere Vorsorgerückstellungen auflösen konnten. Das wiederum wurde damit erklärt, dass das Unternehmen erfolgreich an einer Ausschreibung nach dem Erneuerbare Energien Gesetz teilgenommen hatte.

 

Damit konnte SWL geringere Gewinnbeiträge aus dem Kerngeschäft und aus Beteiligungen ausgleichen. So wirkten sich die Preisbewegungen des Jahres 2021 im Großhandel mit Strom und Gas ungünstig auf das Betriebsergebnis des Unternehmen aus. Das gleiche trifft auch auf das Geschäft mit Privat- und Gewerbekunden zu. Bei der Fernwärme gab es Einbußen, weil das Heizkraftwerk Nord modernisiert wurde und deshalb zeitweise stillstand.

 

Die Gewinnzuflüsse aus Beteiligungen entwickelten sich recht unterschiedlich: Während die polnische Tochtergesellschaft GPEC in Gdansk (Danzig) ein höheres Ergebnis ablieferte, ging der Gewinn bei Netz Leipzig zurück. Bei der Leipziger Tochter Brillant Energie musste SWL sogar einen millionenschweren Verlust ausgleichen.

 

Mehr Fernwärme aus Lippendorf

Der Umsatz stieg 2021 etwas an und erreichte 1,97 Milliarden Euro. Zu diesem Umsatzanstieg trugen niedrigere Temperaturen bei, die für größere Absatzmengen bei Gas und Fernwärme sorgten. Bei Fernwärme musste SWL allerdings größere Mengen aus dem Braunkohle-Kraftwerk Lippendorf zukaufen, um den zeitweiligen Stillstand des eigenen Heizkraftwerks auszugleichen. In diesem Zusammenhang bekräftigte SWL-Geschäftsführer Karsten Rogall am Mittwoch, dass die Fernwärme-Lieferungen aus Lippendorf im Jahr 2025 vollständig beendet werden sollen.

 

Ein wichtiger Schritt für diesen Braunkohle-Ausstieg bei Fernwärme ist das neue Heizkraftwerk Süd, das derzeit gebaut wird und im Sommer in Betrieb gehen soll. Mit dem Brennstoff Erdgas sind allerdings derzeit einige politische und preisliche Unsicherheiten verbunden. Technisch soll es auch möglich sein, das neue HKW mit Wasserstoff zu betreiben. Doch bis dieser Energieträger in ausreichenden Mengen und zu vertretbaren Kosten verfügbar sein wird, dürfte es noch einige Jahre dauern. Künftig will SWL am HKW-Standort auch selbst grünen Wasserstoff produzieren, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.

 

Der stadteigene Versorger arbeitet daran, seine Energieerzeugung schrittweise auf erneuerbare Energien umzustellen. Er betreibt bereits zwei Biomasse-Kraftwerke in Bischofferode und Piesteritz sowie einige Windparks in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Ein größeres Solarthermie-Projekt für Fernwärme wird vorbereitet, eine geplante größere Fotovoltaik-Anlage in Leipzig stößt auf größere Widerstände.

 

Bei den Windkraft-Projekten fällt auf, dass sich keines davon in der Heimatregion Leipzig befindet. Rogall erklärte dies mit den restriktiven Vorgaben der regionalen Planungsbehörden. Die Stadtwerke würden solche Anlagen sehr gern auch in der Region Leipzig errichten, sagte er. Das sei im Moment nicht möglich. Der Geschäftsführer hofft nun darauf, dass die aktuelle Landesregierung den Bau neuer Windräder erleichtern wird.

 

Neukunden-Tarife

Die allgemeinen Energiepreis-Steigerungen des Jahres 2021 hatten bei SWL zu einem ungewöhnlich großen Kundenzuwachs geführt. SWL musste mehrere tausend Strom- und Gaskunden in die Grund- und Ersatzversorgung übernehmen, deren Lieferanten in die Insolvenz gegangen waren oder ihren Kunden gekündigt hatten. Für sie musste SWL nun Strom- und Gasmengen zu hohen Großmarktpreisen beschaffen, konnte diese Kosten aber zunächst nicht an seine Kunden weitergeben.

 

In dieser Situation entschied sich das Unternehmen dazu, zum Jahresanfang 2022 sehr hohe Preise für neue Strom- und Gaskunden in der Grund- und Ersatzversorgung einzuführen. Im März wurden diese Neukunden-Tarife etwas abgesenkt, sie liegen aber weiter deutlich über den Tarifen für Bestandskunden. Diese Praxis, die auch von vielen anderen Energieversorgern angewendet wird, hatte für heftige Proteste der Verbraucherzentralen gesorgt. Die bisherigen Gerichtsentscheidungen dazu fielen bundesweit recht unterschiedlich aus.

 

Rogall sagte dazu, dass SWL an den Neukunden-Tarifen festhalten will. Vor Gericht in Leipzig habe das Unternehmen schon in mehreren Fällen Recht bekommen. Der Geschäftsführer hält es allerdings für nötig, künftig unterschiedliche Tarife für die Grund- und Ersatzversorgung anzubieten. Die Grundversorgung würde dann für die Kunden gelten, die sich unter normalen Umständen für die Belieferung anmelden. Die Ersatzversorgung mit dann wohl höheren Preisen wäre für solche Kunden vorgesehen, die nach Kündigung oder Insolvenz von den Stadtwerken beliefert werden müssen.


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