Mit Stecker-Solargeräten für den Balkon, den Garten oder die Garage können Stadtbewohner ihren eigenen Sonnenstrom erzeugen. In Leipzig und Chemnitz ist das noch wenig und in Dresden schon etwas weiter verbreitet. Zuletzt ist das Interesse an den Solar-Kleinanlagen deutlich gewachsen.

Balkone 05 2021 gross

Balkons mit Südausrichtung eignen sich gut dafür, Strom mit steckerfertigen Solargeräten zu erzeugen. Foto: Stefan Schroeter


Einfache Stecker-Solargeräte für den Balkon sind in Sachsen noch selten, stoßen aber zunehmend auf Interesse. Darüber berichten die Stromnetz-Betreiber in Chemnitz, Leipzig und Dresden, bei denen die Anwender ihre kleinen Stromerzeuger anmelden müssen. Demnach gab es zum Jahresende 2021 in Leipzig 28 steckerfertige Solargeräte mit einer Spitzenleistung von insgesamt 18 Kilowatt. Wieviel Strom sie erzeugt haben, ist bei der LVV Leipziger Verkehrs- und Versorgungsgesellschaft nicht genau bekannt.

 

Unter Idealbedingungen könnten sie im gesamten Jahr 2021 eine Strommenge von 29.000 Kilowattstunden erzeugt haben. Das würde etwa dem durchschnittlichen Stromverbrauch von 15 Leipziger Haushalten entsprechen. Die tatsächlich erzeugte Strommenge dürfte allerdings geringer ausgefallen sein. Denn sie hängt auch davon ab, welchen Anstellwinkel und welche Ausrichtung die kleinen Solaranlagen haben, und wieviel Schatten auf sie fällt.

 

Steckerfertige Solarstrom-Geräte eröffnen Stadtbewohnern eine Möglichkeit, ihren Strom teilweise selbst zu produzieren. Sie können Solarmodule bis zu einer Spitzenleistung von 600 Watt auf dem Balkon oder anderen geeigneten Plätzen aufstellen oder anschrauben und mit dem Hausnetz verbinden. Dabei sind einige elektro- und verwaltungstechnische Vorschriften zu beachten.

 

Der so erzeugte Solarstrom wird dann teilweise im eigenen Haushalt verbraucht. Wie groß dieser Eigenverbrauch ist, hängt davon ab, welche Stromverbraucher bei Sonnenschein gerade eingeschaltet sind. Was von dem Solarstrom noch übrig bleibt, fließt ins allgemeine Stromnetz.

 

LVV geht davon aus, dass der gesamte Stecker-Solarstrom von den Anwendern selbst verbraucht wird. „Ob überhaupt eine Einspeisung in geringer Menge stattfindet, hängt von der tatsächlichen Erzeugungsmenge sowie von Höhe und Verteilung des Eigenverbrauchs der Mietpartei ab“, teilt die Versorgungsgesellschaft mit.

 

In Chemnitz und Umgebung ist die Situation ähnlich. Wie der zuständige Stadt- und Regionalversorger Eins berichtet, sind hier 39 steckerfertige Solargeräte in Betrieb. Sie verfügen über eine Spitzenleistung von 21 Kilowatt und könnten nach Einschätzung des Versorgers im Jahr 2021 etwa 17.829 Kilowattstunden erzeugt haben.

 

Anders als LVV schätzt Eins, dass davon eine Hälfte dem Eigenverbrauch der Anwender gedient haben könnte. Die andere Hälfte könnte ins Netz eingespeist worden sein. Auch der Chemnitzer Versorger hat in den vergangenen Wochen mehr Anmeldungen als bisher für steckerfertige Solargeräte registriert.

 

Stecker-Solarregion Dresden

In Dresden und Umgebung sind steckerfertige Solargeräte schon deutlich weiter verbreitet. Der Stadt- und Regionalversorger Sachsenenergie berichtet über 347 Anlagen mit einer Spitzenleistung von 233 Kilowatt. Der Versorger nimmt an, dass sie im Jahr 2021 eine Strommenge von insgesamt 117.000 bis 221.000 Kilowattstunden erzeugt haben könnten.

 

Den Eigenverbrauch schätzt er – anders als die Versorger in Leipzig und Chemnitz – auf 80 Prozent. Demnach würden 20 Prozent in das Netz eingespeist. Das Interesse an steckerfertigen Solargeräten ist auch in Dresden und Umgebung zuletzt noch einmal sprunghaft angestiegen: Hatten die Anwender im ersten Quartal 2021 noch 25 solche Kleinanlagen angemeldet, waren es im ersten Quartal 2022 schon 113.

 

Auch die beiden anderen Versorger berichten darüber, dass das Interesse an den steckerfertigen Solargeräten in den vergangenen Monaten stark gestiegen ist. So hat sich in Leipzig in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres 2022 die Zahl der angemeldeten steckerfertigen Solargeräte auf 72 mehr als verdoppelt.

 

Steckersolar-Geräte befinden sich bisher noch in einer Marktnische, die allerdings stark wächst. Sie wird von wenigen großen und vielen kleineren Anbietern dominiert. Eine aussagefähige bundesweite Statistik gibt es bisher noch nicht. Eine Marktstudie schätzte zuletzt, dass im Jahr 2020 etwa 49.000 Geräte mit 17 Megawatt Gesamtleistung verkauft worden sind. Im Jahr 2021 könnten es schon 80.000 Geräte mit 34 MW gewesen sein.

 

In der Marktstudie wurde auch aus den derzeit verfügbaren Daten hochgerechnet, wie viele Steckersolar-Geräte bis zum Jahresende 2021insgesamt in der Bundesrepublik verkauft worden sind. Demnach dürfte diese Zahl zwischen 140.000 und 190.000 Geräten liegen, ihre Gesamtleistung zwischen 59 bis 66 Megawatt.

 

Steckersolar-Geräte waren bisher vor allem unter dem Namen „Balkon-Solaranlagen“ bekannt. Ein überraschendes Ergebnis der Marktstudie war daher, dass nur ein knappes Drittel der Steckersolar-Geräte tatsächlich für die Montage an einem Balkon verkauft wurden. Etwas mehr Geräte verfügten über eine Aufständerung, die sich für den Garten oder ein Garagen-Flachdach eignet. Auch an Schrägdächern werden die Geräte ziemlich häufig befestigt.

 

Hohe Hürden abgesenkt

Dass sich die Steckersolar-Geräte zunehmend verbreiten, hat auch damit zu tun, dass ihr Einsatz zuletzt etwas vereinfacht worden ist: Lange Zeit war es sehr kompliziert, die Kleinanlagen so ans Stromnetz anzuschließen und anzumelden, dass die Vorgaben der Netzbetreiber erfüllt werden konnten.

 

Inzwischen haben viele Stromnetz-Betreiber diese hohen Hürden mehr oder weniger abgesenkt. Die Vorarbeiten dafür hatten der VDE Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik sowie Organisationen der Solarbranche geleistet.

 

So gibt es auch bei den Netzbetreibern in Leipzig, Chemnitz und Dresden inzwischen deutlich vereinfachte Formulare für die Anmeldung. Bei der Übermittlung der handschriftlich unterschriebenen Dokumente kann auch der zunehmend wichtige Datenschutz gewährleistet werden: Alle drei Versorger bieten nicht nur einen Versand mit unverschlüsselter Email an, sondern auch mit der besser datensicheren Briefpost.

 

Die drei Versorger in Leipzig, Dresden und Chemnitz halten es ebenso wie viele andere Netzbetreiber immer noch für notwendig, dass die Stecker-Solargeräte von einem Elektro-Installationsunternehmen ans Stromnetz angeschlossen werden. Nach ihrer Ansicht ist dazu auch eine spezielle Energiesteckdose nötig. Dazu kommt, dass der Stromzähler gegen einen Zwei-Richtungszähler gewechselt werden muss. Während dieser Zählertausch in Leipzig kostenlos ist, muss er in Dresden vom Kunden bezahlt werden.

 

Warten auf die Produktnorm

Diese Vorgaben sehen die Organisationen der Solarbranche und des Verbraucherschutzes überwiegend als technisch nicht notwendige Hindernisse, die den Aufwand vergrößern und so einen breiteren Einsatz der Kleinanlagen bremsen. Sie wollen erreichen, dass die Solargeräte einfach wie andere Hausgeräte auch mit Schukostecker und -steckdose ans Netz gesteckt werden können.

 

Eine größere Klarheit und Sicherheit für alle Seiten könnte eine Produktnorm für die Geräte bringen, an denen die zuständige VDE-Kommission seit einiger Zeit gemeinsam mit Partnern der Solarbranche arbeitet. Dieses Projekt sollte eigentlich im Juli 2022 abgeschlossen werden. Durch die Corona-Einschränkungen ging es allerdings langsamer als geplant voran und wurde bis Januar 2023 verlängert.

 

Mittlerweile gibt es bundesweit auch eine Reihe von städtischen Förderprogrammen für die Stecker-Solargeräte. Wie die Leipziger Volkszeitung im März 2022 berichtete, hat auch der Leipziger Stadtrat schon vor einem Jahr beschlossen, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt mit einer halben Million Euro beim Kauf kleiner Solaranlagen zu unterstützen. Damit die Fördergelder fließen können, will die Stadtverwaltung noch eine Förderrichtlinie erarbeiten. Bisher ist sie nicht fertig geworden.


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