In Regionen mit vielen Solar- und Windparks müssen derzeit besonders hohe Strom-Netzentgelte bezahlt werden. Eine Netzentgelt-Reform könnte für eine gerechtere Verteilung sorgen. Im Bundestag liegt derzeit ein Gesetzentwurf dafür.

Windpark bei Oschatz 3 2021

Windpark am Hochspannungs-Stromnetz bei Oschatz. Archivfoto 2021: Stefan Schroeter


Die BNA Bundesnetzagentur hat eine Reform der Strom-Netzentgelte angekündigt, die Regionen mit viel Windkraft entlasten soll. Ein entsprechender Gesetzentwurf liege im Bundestag, sagte BNA-Präsident Klaus Müller in einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

 

Der Gesetzentwurf würde die Regulierungsbehörde autorisieren, „faire Netzentgelte“ einzuführen, schrieb die Zeitung in einer Mitteilung. Wie Müller weiter sagte, wird die Agentur einen Vorschlag für die Reform machen, sobald das Gesetz verabschiedet sei.

 

Von hohen Netzentgelten sind derzeit vor allem Regionen in Nord- und Ostdeutschland betroffen, in denen viele Solar- und Windparks gebaut worden sind. Damit der von ihnen erzeugte Strom abtransportiert werden kann, müssen die regionalen Verteiler-Stromnetze ausgebaut werden. Die Kosten für diesen regionalen Netzausbau werden über die regionalen Netzentgelte finanziert, die in die Strompreise eingehen und so von den Verbrauchern vor Ort bezahlt werden.

 

Dazu kommt, dass es im Norden und Osten weniger industrielle Strom-Großverbraucher und eine geringere Bevölkerungsdichte gibt als im Süden. Damit müssen die hohen Netzausbau-Kosten auch noch auf geringere Stromabsatz-Mengen verteilt werden, was die Netzentgelte weiter treibt.

 

Deshalb setzen sich die nord- und ostdeutschen Länder zunehmend für eine Netzentgelt-Reform ein. Damit sollen die Netzausbau-Kosten, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien verursacht werden, bundesweit fair verteilt werden. Eine entsprechende Protokollerklärung hatten die Länder Brandenburg, Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen im Juni nach der Ministerpräsidenten-Konferenz in Berlin veröffentlicht.

 

Zustimmungsfähige Möglichkeit

Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (SPD) begrüßte nun die BNA-Pläne für eine Netzentgelt-Reform auch ausdrücklich. Dabei wies er darauf hin, dass nicht nur der Norden und Osten davon profitieren würden. Es gebe auch einige Regionen in West- und Süddeutschland, die beim Ausbau der Erneuerbaren zu den Vorreitern zählen und hohe Netzentgelte stemmen müssen.

 

Willingmann ist im laufenden Jahr 2023 Vorsitzender der Energieminister-Konferenz. Sie hatte schon im März in Merseburg eine Reform der Netzentgelte gefordert. Der Minister kündigte nun an, das Thema bei der nächsten Konferenz Ende September in Wernigerode erneut mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und BNA-Chef Klaus Müller weiter zu erörtern.

 

Die Netzentgelt-Reform gilt als zustimmungsfähige Möglichkeit, um die unterschiedlichen regionalen Kostenbelastungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien auszugleichen. Zuletzt hatte sich auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger dafür ausgesprochen. Dabei schlug er vor, dass sich die Bundesrepublik Deutschland mit allgemeinen Steuermitteln an den Netzentgelten beteiligen könnte, um die Kosten für die Bürger zu reduzieren.

 

Starke Widerstände gegen Preiszonen

Ein noch deutlich weitergehendes Modell für die Bewältigung der zunehmenden regionalen Ungleichgewichte im Stromsystem hatten die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern in den vergangenen Monaten vorgeschlagen. Danach könnte der bisher einheitliche deutsche Strombörsen-Großhandel in mehrere Preiszonen aufgeteilt werden.

 

Dieses Modell wird auch von der Europäischen Kommission und der Europäischen Energie-Regulierungsagentur ACER befürwortet. Es stößt aber auf starke Widerstände in Bayern und inzwischen auch in anderen süd- und westdeutschen Bundesländern.


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